Nachlese ÖBS-Herbstfachtagung 2018
Am 16. und 17.11.2018 fand in der Universität Salzburg, IFFB Sport- und Bewegungswissenschaft die diesjährige ÖBS-Herbstfachtagung mit äußerst spannenden Beiträgen rund um das Thema emotionale Prozesse im Leistungssport statt. Mit 50 anwesenden ÖBS-Mitgliedern war dies eine der am besten besuchten Fachtagung der letzten Jahre. Dies nicht zuletzt durch den starken internationalen Beitrag von Dr. Peter Haberl über Mindfulness im Spitzensport.
Den Eröffnungsvortrag hielt Univ.-Prof. Dr. Günter Amesberger zum Thema "Emotionen im Sport und Auswirkung auf erfolgreiches Lernen". Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Emotionen wichtige Aspekte des Handelns und Erlebens regulieren. Sie sind ein sehr guter und unverfälschter Indikator für die Bewertung von Situationen. Emotionen können genutzt werden zur Selbstdiagnose, Fremddiagnose und Beziehungsdiagnose. Die rationale Bewertung von Emotionen kann so manche "Fehler" beinhalten. Emotionen beeinflussen unser Erleben und Verhalten auch implizit/unerkannt.
Mag. Mirjam Wolf erlaubte uns spannende und berührende Einblicke in die Visionen, Ziele und Emotionen im Rahmen ihrer sportpsychologischen Betreuung während der UEFA Women´s EURO 2017.
Anschließend ging Dr. Patrick Bernatzky der Frage nach „ Angenommen du schickst deinen inneren Champion in dir an den Start, woran würde dies sichtbar?“ Sich Annäherungsziele zu setzen und diese auch zu visualisieren sollte eine klare Trainingsaufgabe für AthletInnen sein. Dabei erscheint es sinnvoll nicht nur die Bewegungsabläufe zu visualisieren, sondern auch die Art und Weise (z.b. Körpersprache) der erwünschten Herangehensweise miteinzubeziehen. Was ist die Wirkung und Funktion meiner Emotionen und wie kann ich diese nutzen bzw. reframen, damit ein positiver Einfluss vorhanden ist? In der Vorbereitung auf einen Wettkampf benötigen die AthletInnen eine klare Struktur und Routine, aber auch einen Check der Erwartungsemotionen. Wenn ich jetzt bereits an den bevorstehenden Wettkampf in xy denke, bin ich klar und zuversichtlich oder sind noch zweifelnden Gedanken und dysfunktionale Emotionen vorhanden. Genau hier sollten die AthletInnen im Sinne einer ressourcenorientierten Perspektive sich noch gezielter vorbereiten.
Am Tag 2 fesselte Dr. Peter Haberl alle TeilnehmerInnen bei seinem Vortrag über Mindfulness mit zahlreichen Fallbeispielen aus seiner Arbeit mit amerikanischen SpitzensportlerInnen. Für ihn ist ein Kernpunkt der sportpsychologischen Arbeit seinen AthletInnen beizubringen wie das Gehirn arbeitet, damit diese damit arbeiten können. Dies zeigte er anhand unterschiedlicher Übungen. Ziel ist es ein Bewusstsein zu entwickeln: "Kann ich im Moment da sein und wie will ich im Moment da sein?". Das Gedankenhüpfen kann nicht beeinflusst werden, es läuft auf Hochtouren. In 60 Sek. springt das Gehirn von Gedanke zu Gedanken. Was dabei auf der Strecke bleibt ist die Konzentration. Der Gedankendieb stiehlt die Konzentration. Das Gehirn will nicht in der Gegenwart bleiben. Es ist daher nicht das Problem, dass das Gehirn arbeitet. Das Problem ist, dass die Athleten es nicht merken bzw. kontrollieren wollen. "Attention is the accurancy of performance". Aufmerksamkeit ist die Gewährung der Leistung! Nicht die Gefühle oder Emotionen.
Eine Definition von Mindfulness kann daher lauten: „mindfulness is the selfregulation of attention“, also die Selbstregulation der Aufmerksamkeit. Und das kann man trainieren!
Es geht um das Erlernen von Distanzierung zu seinen Gedanken und Gefühlen: Ich habe den Gedanken, aber ich bin nicht der Gedanke. Ich kann wählen wohin ich meine Aufmerksamkeit hinlenke. Wobei Flow nicht das Ziel ist, sondern Mindfulness die Flexibilität darstellt.
Zum Abschluss der Fachtagung widmete sich Dr. Fritz Weilharter noch der "Unterstützung der TrainerInnen in ihrer Emotionskompetenzentwicklung". Eine der zentralen Botschaften war, dass im Coach the Coach für TrainerInnen die Systemumwelten genau in den Blick zu bringen sind. Führungspraxis und damit die Frage der Bedeutung von Macht (Machtmodell French&Raven) spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation/Intervention zwischen Auftraggeber/TrainerInnen/AthletInnen/SportpsychologInnen. Rollenlandkarten ermöglichen eine genaue Reflexion der Wechselwirkungen der TrainerInnen zu den relevanten Umwelten.
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